Everest-Lhotse Projekt 2017

Seit einigen Tagen ist unser Markenbotschafter Ueli Steck in Nepal, wo er sich auf das Everest-Lhotse Projekt 2017 vorbereitet. Im Blog erzählt er von seinen Gedanken und seiner Motivation.

Bergsteigen ist ein vorübergehendes Erlebnis. Ich muss ständig wiederholen, um es leben zu können.

Sobald man einen Gipfel erstürmt hat, ist das Erlebnis vorbei; was bleibt sind die Erinnerungen. Um die Impressionen der Eiger-Nordwand wiederzubeleben, musste ich 2015 erneut hochklettern. Es kommt nicht darauf an, wie schnell du dich bewegst. Ergebnisse und Zeit sind relativ und bleiben nicht – sie verschwinden unerwartet schnell. Die Konzentration, die kalte Luft, die brennenden Beine und die Sonne, die auf dem Gipfel dein Gesicht berührt, sind echte persönliche Erfahrungen. Es sind deine Eindrücke, deine Wahrnehmung und sie gehören dir alleine. Es ist nicht möglich, sie mit irgendjemand anderem zu teilen, doch auf der anderen Seite kann sie dir auch niemand wegnehmen. Rekorde werden gebrochen, und die Welt dreht sich weiter. Du wirst älter und irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem du deine Projekte deinem Alter anpassen musst.

Ich blicke nicht zurück, sondern immer nach vorne – ich lebe im Hier und Jetzt, und nicht in der Vergangenheit. Wenn ich in den Bergen bin, bin ich, wo ich sein will. Hier fühle ich mich glücklich und zufrieden. Ich fühle mich frei und kann tun, was ich will. Ich lege meine eigenen Parameter fest und geniesse es alleine unterwegs zu sein. Ich liebe die Interaktion mit mir selbst und mit der Natur. Es gibt nichts anderes ausser dich, die Felsen, das Eis, der Berg. Auch wenn ich mich klein und unbedeutend fühle, in den Bergen kann ich ein erfüllendes Leben leben und wie ein Kind spielen. Hier fühle ich mich am wohlsten und tue, was ich glaube, tun zu müssen.

Im Bergsteigen kannst du dir deine eigenen Ziele setzen. Manchmal möchte ich so schnell wie möglich nach oben; manchmal will ich so steil wie möglich klettern; und manchmal möchte ich einfach die Schönheiten der Natur aufsaugen.

Es gibt viele Diskussionen rund um das Bergsteigen. Aber um ehrlich zu sein: Es spielt keine Rolle. Ich verstehe, warum Menschen den Gipfel des Mount Everest erreichen wollen; und die einfachste Art dorthin ist mit ergänzendem Sauerstoff. Das ist nicht, wonach ich suche; aber es ist vielleicht genau das, was andere Menschen wollen. Ich muss mir darüber keine Gedanken machen – und tue es auch nicht. Es gibt so viele Gipfel auf der Welt und jeder findet seinen eigenen Berg – ganz abhängig davon, was man will. Vielleicht findet jeder seinen eigenen Everest.

Ich habe mich schon oft selber gefragt, weshalb ich das tue. Die Antwort ist einfach: Weil ich es will und weil ich es mag. Ich mag es nicht, eingeschränkt zu werden. Wenn ich klettere, fühle ich mich frei und grenzenlos; fernab von sozialen Erwartungen. Genau danach suche ich.

Ich stehe in der Öffentlichkeit. Dies hat sich langsam so entwickelt und ich kann es nicht mehr ändern. Ich habe das gelernt und das Einzige, was ich ändern kann, ist meine Einstellung. Einen Teil meiner Unbeschwertheit habe ich dafür aufgegeben. Aber es spielt keine Rolle, so lange ich meinen Weg weiterverfolgen kann. Ich kann zwar nicht mehr alles tun, was ich will, und das ist mir bewusst, aber ich kann noch immer ein Leben leben, in dem ich mich abends glücklich und zufrieden fühle.

Dennoch brauche ich noch immer die Freiheit, die Dinge zu tun, die ich liebe. Ich mache mir keine Gedanken über andere Menschen und lasse sie mich nicht zu sehr beeinflussen. Ich versuche stets herauszufinden, was ich selbst will, und nicht was andere Menschen wollen, dass ich tue.

Ich bin sehr aufgeregt, dass ich mich bald nochmals auf den Weg machen kann; einfach das Handy ausschalten und keine E-Mails lesen. Denn genau das will ich. Ich will meine Erfahrungen leben, meine kalten Finger fühlen und nach einem langen Tag todmüde im Schlafsack einschlafen. Ich freue mich darauf, dass die kalte Luft in meiner Lunge brennt, der heisse Kaffee meinen Körper wärmt, die Sonne meine Augen blendet und eisige Nächte mir kalte Füsse bereiten.

Warum habe ich Everest-Lhotse gewählt? Erneut ist die Antwort einfach: Ich bleibe länger in den Bergen. Ich habe mehr Zeit, die ich mit mir, Tenji Sherpa und dem Himalaya verbringe.

Und nun werde ich einfach losziehen; und mir nur Gedanken über die Ereignisse machen, die vor mir liegen. Tag für Tag, eins nach dem anderen. Es ist das Hier und Jetzt, das zählt. Was als nächstes kommt, ist auf jeden Fall ungewiss.

Lerne von gestern, lebe für heute und hoffe für morgen.

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